Belarus Daily | 11. Mär

In Belarus treten politische Gefangene in den Hungerstreik und schneiden sich die Adern auf; Tichanowski drohen bis zu 15 Jahre Gefängnis; Lukaschenko droht erneut mit Krieg; diplomatischer Skandal zwischen Belarus und Polen

11. März 2021 | Voice of Belarus 
Ihar Losik.
Source: Radio Svaboda

In Belarus treten politische Gefangene in Hungerstreik und schneiden sich die Adern auf

Der Blogger Ihar Losik versuchte heute nach Bekanntgabe einer neuen Anklage, sich die Adern aufzuschneiden und trat in einen trockenen Hungerstreik. Er ist seit neun Monaten in Untersuchungshaft. Schon zuvor war er für 42 Tage im Hungerstreik. Seine Frau hat eine Videobotschaft an Lukaschenko aufgenommen.

Heute hat der politische Gefangene Dsmitry Furmanau während einer weiteren Gerichtsverhandlung in Hrodna seinerseits erklärt, in den Hungerstreik zu treten. Er wird unter unerträglichen Bedingungen festgehalten. Außerhalb der Zelle ist er stets mit Handschellen gefesselt.

Musiker und Aktivist Ihar Banzer aus Hrodna ist seit dem 3. März im trockenen Hungerstreik. Sein Hungerstreik ist ein Protest gegen die politische Verfolgung.

Die Schweizer Staatsbürgerin Natallia Hersche hungert seit dem 22. Februar in der Strafkolonie Homel. Ihre Verwandten wurden nicht, wie gesetzlich vorgeschrieben, über ihre Verlegung in eine andere Stadt benachrichtigt und sie erhält auch keine Briefe.

Der Blogger Sjarhej Pjatruhin, der im Gefängnis Nr. 4 in Mahiljou einsitzt, hat sich wegen der schrecklichen unhygienischen Bedingungen und der Haltung der Insassen in der Zelle, in die er gebracht wurde, seine Venen aufgeschnitten. Er wurde in eine Arrestzelle gesteckt und wird dort bis zum 17. März bleiben.

Sergei Tichanowski wurde angeklagt, es drohen ihm bis zu 15 Jahren Haft

Sergej Tichanowski.
Source: TUT.BY

Die Ermittlung im Strafverfahren gegen den Blogger Sergei Tichanowski, Ehemann der Ex-Präsidentschaftskandidatin und Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja, ist abgeschlossen.

Tichanowski wird nach vier Artikeln des Strafgesetzbuches angeklagt: Organisation von Massenunruhen, Anstiftung zu sozialem Hass, Behinderung der Arbeit der Zentralen Wahlkommission und Organisation von Aktionen, die die öffentliche Ordnung grob verletzen. Ihm drohen bis zu 15 Jahren Gefängnis.

Tichanowskaja nannte die Anklage gegen ihren Mann eine Rache Lukaschenkos.

Lukaschenko schürt erneut Kriegsängste

Alexander Lukaschenko.
Source: t.me/radiosvaboda

Heute hat Lukaschenko auf der Sitzung über Umbesetzungen in den Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden offen erklärt, dass er die Armee nicht gegen äußere Feinde einsetzen wird, sondern um Krieg gegen das belarusische Volk im Inneren des Landes zu führen. „Wir werden von hier aus kämpfen. Sie müssen dafür bereit sein… Wir müssen unsere Familien schützen. Und die Familien unseres Volkes“, sagte Lukaschenko.

Alexander Lukaschenko ist sich sicher, dass das Land von innen unterminiert wird – so beschrieb Lukaschenko die friedlichen Massenkundgebungen. Er sagte, dies sei eine neue Art von Krieg.

Die Rede wurde im Rahmen eines Personalumbaus im Sicherheitsapparat und weiteren Behörden gehalten. Der aus dem KGB stammende Dsmitri Hora wurde neuer Leiter des Ermittlungsausschusses. Im Jahr 2020 leitete er eine Kommission, die den Missbrauch und die Misshandlung während der Festnahme von Demonstrant*innen untersuchen sollte. Bis heute wurde kein einziges Verfahren eröffnet. Das Ministerium für Katastrophenschutz wird nun ebenfalls von einem Polizeibeamten geleitet – dem ehemaligen Leiter der Polizeidirektion von Hrodna, Vadsim Sinjauski.

Diplomatischer Streit zwischen Belarus und Polen eskaliert

Source: Euroradio

Am 9. März wies Belarus den Konsul des polnischen Generalkonsulats in Brest Jerzy Timofejuk aus. Der Grund war seine Teilnahme an einer Veranstaltung, die am 28. Februar in Brest im Rahmen des polnischen nationalen Gedenktages für die „verfluchten Soldaten“ – die Mitglieder des antikommunistischen Untergrunds in Polen nach dem Zweiten Weltkrieg stattfand.

Als Antwort kündigte Polen an, einen Mitarbeiter der belarusischen Botschaft in Warschau zur Persona non grata zu erklären. Aus diesem Grund hat das belarusische Außenministerium heute, am 11. März, den Leiter und den Konsul des Generalkonsulats von Polen in Hrodna aufgefordert, Belarus innerhalb von 48 Stunden zu verlassen.

Nach der Veranstaltung, an der Jerzy Timofejuk am 10. März teilnahm, leitete die Staatsanwaltschaft von Brest ein Strafverfahren ein. Die Staatsanwaltschaft stellt fest: „Bekleidet mit der Nationaluniform der polnischen Pfadfinderorganisation, sangen die Jugendlichen Lieder und trugen Gedichte zum Lob der Kriegsverbrecher vor, darunter Romuald Rais, bekannt unter dem Spitznamen ‚Bury‘“. Dies wurde als eine Aktion angesehen, „die darauf abzielt, den Nationalsozialismus zu rehabilitieren und ethnischen Hass zu schüren“. Einer der Organisatoren der Veranstaltung, ein Angestellter der „Polnischen Schule“, wurde wegen Tatverdachts festgenommen.

Die Direktorin der „Polnischen Schule“ Anna Panischewa veröffentlichte bezüglich des Strafverfahrens einen Aufruf an die Öffentlichkeit. Sie sagt, der Zweck der Schule sei es, polnische Kultur – Musik, Gesang, Geschichte – unter ethnischen Polen und allen anderen bekannt zu machen, nicht Zwietracht zu säen. Sie betrachtet den Fall als Provokation mit dem Ziel, die Schule zu liquidieren.


For more information on the events of 11 March 2021, please visit Infocenter Free Belarus 2020: