„Am schwersten war es, mit meiner Ehefrau darüber zu sprechen“

Kündigung für den Feuerwehrmann, der die Minsker vorgewarnte, dass ihre weiß-rot-weißen Flaggen heruntergeholt würden

9. September 2020, 17:45 | Evgeniya Stein, Onliner
Maksim, illustrativ.
Source: Onliner

Der Kampf zwischen den Leuten, die weiß-rot-weißen Flaggen heraushängen und dem kommunalen Dienst, der sie abnimmt, geht weiter. Zunächst kümmerte sich der kommunale Dienst noch selbst um die Flaggen; dann übernahmen das Innenministerium und seit letzter Woche auch das Ministerium für Katastrophenschutz. Doch nicht alle Mitarbeiter akzeptieren diese berufsübergreifende Arbeit: es sind mindesten zwei Fälle bekannt geworden, dass Angehörige des Katastrophenschutzes (zu dem auch die Feuerwehr gehört, Anm. Übersetzer) weiß-rot-weiße Flaggen nicht abgenommen, sondern wieder gerichtet und glatt gestrichen haben. Es gibt auch Einige darunter, die die Bewohner vorgewarnt haben, dass in Kürze eine Rettungstruppe vorbeikommt. Mindestens einer von ihnen – Maksim Staschulonok – erhielt begründet mit seinem angeblichen Fehlverhalten die Kündigung gekündigt. In diesem Zusammenhang wurde er aufgefordert, die Dienstwohnung, in der Maksim mit seiner schwangeren Ehefrau und seinem Kind wohnt, zu räumen.

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Maksim arbeitete in der Feuerwehrwache №2 im Minsker Bezirk Frunzenski. Er hatte sich in einem Online-Chat der Bewohner des Bezirkes beteiligt und sie vorgewarnt, dass man zu ihrem Wohnkomplex unterwegs sei, um die Flaggen abzunehmen. Als seine Vorgesetzten davon erfuhren, wurde Maksim zum Gespräch geladen; sie präsentierten ihm Screen Shots mit seinen Nachrichten und legten ihm nahe, ein Erklärungsschreiben zu verfassen. Der Feuerwehrmann wies das zurück, da er sich nicht als Schuldigen sieht. Im Anschluss wurde ihm aufgrund seiner Verfehlung gekündigt.

Erst haben sie  Druck ausgeübt, damit ich einvernehmlich aus dem Dienstverhältnis scheide. Ich sagte, dass ich nicht auf eigenen Wunsch kündigen werde. Meine Arbeit gefällt mir, ich will sie ausüben und hoffe, dass ich das auch wieder tun kann“, berichtet Maksim. Letztlich wurden mir Verletzung des Eides und Bruch der Schweigepflicht hinsichtlich dienstlicher und geheimer Informationen sowie die Übertretung zweier Absätze des Arbeitsvertrages vorgeworfen: Schädigung des Rufes der Mitarbeiter und Weitergabe dienstlicher Informationen. Obwohl ich nur eine Text-Nachricht gesendet habe – kein Foto, kein Dokument. Ich habe nur ein paar Adressen im Online-Chat mitgeteilt.

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Maksim wurde eine Verfügung über die Kündigung zur Unterschrift vorgelegt. Auf dem Dokument notierte er: „Zur Kenntnis genommen, aber mit der Entscheidung nicht einverstanden.“ Er hat vor, die Kündigung vor Gericht anzufechten. Morgen früh trifft er sich mit einem Rechtsanwalt.

„Ich hatte meine Kollegen gebeten, die Geschichte noch nicht zu verbreiten. Sie setzen nun alle Hebel in Bewegung und helfen bei der Suche nach einer neuen Wohnung und finanzieller Unterstützung. Das Problem ist, dass ich und meine schwangere Ehefrau die Dienstwohnung räumen sollen. Es ist vorgeschrieben, die Wohnung innerhalb von drei Tagen zu verlassen. Wir können aber nirgendwo anders hin. Aber zunächst will ich mit einem Anwalt sprechen und versuchen, meine Rechte verteidigen.“

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Maksim sagt, er habe sich fünf Stunden lang für das Gespräch mit seiner Ehefrau gesammelt. Es fiel ihm schwer, zu sagen, dass die Familie nun kein Einkommen und auch kein Dach über dem Kopf mehr hat.

„Ich kam nach Hause und hörte, wie die Leute vor meinem Haus singen, Losungen skandieren und Harfe spielen. Als ich erzählte, was passiert war, sagte meine Frau, dass sie das schon vermutet habe.“

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Der Onliner Redaktion ist es bisher noch nicht gelungen, mit der Pressestelle des Katastrophenschutzministeriums Kontakt aufzunehmen und Fragen bezüglich der Kündigung von Maksim vorzulegen. Sobald wir Informationen von Seiten des Katastrophenschutzministeriums erhalten,  wird die Nachricht um einem offiziellen Kommentar ergänzt.


Seit Veröffentlichung des Artikels, haben wir über den Chat-Bot Dutzende von Nachrichten von Leuten erhalten, die Maksim und seiner Familie zu helfen möchten. Noch vor der Veröffentlichung des Artikels bekräftigte Maksim, dass er die Absicht habe, das Problem gerichtlich zu lösen und noch nicht bereit sei, Hilfe anzunehmen. Onliner hat alle Hilfsangebote der Leser gespeichert für den Fall, dass Maksim sich anders entscheidet.

„Zum jetzigen Zeitpunkt hat unser gekündigte Kollege und Kamerad Maksim Folgendes erhalten:
– Mehrere Angebote für einen neuen Job;
– Angebote für eine kostenfreie Unterkunft;
– Finanzielle Unterstützung;
Maksim sendet Allen ein herzliches Dankeschön und teilt mit, dass er vom Ausmaß der Unterstützung durch engagierte Menschen vollkommen überrascht ist. Fortsetzung folgt.“
„Für Maksim hat sich eine Wohnung an der Puschkin-Straße gefunden. Die Anwohner wollen nicht, dass er den Bezirk verlässt, den er verteidigt hat. Darüber hinaus wurden ihm auch Unterkünfte in anderen Stadtvierteln angeboten. Man hat sogar versucht, ihn nach Soligorsk wegzulocken.
Vielen Dank für die Unterstützung! Was für tolle Leute!“