Belarus Daily | 2. Feb

Echtheit von Tonmitschnitt zum Bau von Konzentrationslagern bewiesen; Minsk: Polizei nimmt zufällig vorbeikommende Schulkinder fest; Erstes Urteil im „Fall Tichanowski“

2. Februar 2021 | Voice of Belarus
Tsunami by Volha Balai
„Tsunami“ von Wolha Balai.
Source: instagram.com/rumadelima

Echtheit von Tonaufnahme über Errichtung von Konzentrationslagern in Belarus bewiesen

Mikalai Karpiankou
Mikalaj Karpjankou.
Source: TUT.BY

TUT.BY, das größte Informationsportal in Belarus, gab eine phonoskopische Untersuchung der Tonaufnahmen in Auftrag, die BYPOL-Initiative im Januar 2021 veröffentlicht hatte. In der Tonaufnahme sagt eine Person mit einer Stimme ähnlich der Stimme des stellvertretenden Innenministers Mikalaj Karpjankou, dass Lukaschenko persönlich die Anwendung beliebiger Methoden zur Unterdrückung der Proteste durch die Sicherheitskräfte gebilligt hat und plant, ein Netzwerk von Lagern für Demonstrant:innen aufzubauen. Die Studie wurde beim russischen unabhängigen Gutachterbüro GlavExpert in Auftrag gegeben. Seine hochqualifizierte Spezialisten kamen zu dem Schluss, dass die Stimme auf der Tonaufnahme Karpjankou gehört und dass die Aufnahme nicht bearbeitet wurde. Die Bestätigung der Echtheit der Aufzeichnung ist für den Nachweis der zahlreichen andauernden Menschenrechtsverletzungen in Belarus von großer Bedeutung.

Parlamentarische Versammlung der OSZE besorgt über die Situation in Belarus

OSCE
Source: reform.by

Menschenrechtsausschuss der Parlamentarischen Versammlung der OSZE ruft die internationale Gemeinschaft dazu auf, die belarusische Regierung für Menschenrechtsverletzungen, Folter und Misshandlung von Häftlingen während der friedlichen Proteste zur Rechenschaft zu ziehen. Die Parlamentarische Versammlung der OSZE besteht auf der Freilassung aller aus zweifelhaften Gründen inhaftierten Personen, einschließlich Ihar Losik. In dem Bericht wird festgestellt, dass trotz der zahlreichen Hinweise auf Misshandlungen kein einziges Strafverfahren gegen Strafverfolgungsbeamte eingeleitet wurde. Die Menschenrechtsexperten zeigten sich weiterhin besorgt über die Informationen über das neu errichtete Lager für Demonstrant:innen und fordern eine unabhängige Untersuchung der Angelegenheit. Die Parlamentarische Versammlung der OSZE ist bereit, im Geiste des offenen Dialogs mit der belarusischen Regierung diese zur Besorgnis Anlass gebenden Fragen zu erörtern, und die internationale Gemeinschaft solle dazu beitragen, Gerechtigkeit sicherzustellen.

Schulkinder unter den am Sonntag Festgenommenen bzw. Entführten

Tsimur Niadzvedz, 13 years old.
Timur Nedwed, 13 Jahre alt.
Source: NN.BY

Am Sonntag, dem 31. Januar, fanden in Minsk Verhaftungen statt, darunter auch von zufälligen Passanten. Unter ihnen befanden sich 15-jährige Teenagerinnen, die zu einem Café unterwegs waren und der 13-jährige Timur Nedwed, der nach einer Probe mit seinem Vater auf dem Heimweg war. Timur Nedwed ist ein Schauspieler, der in der gleichnamigen Serie den jungen Janka Kupala spielt, den berühmten belarusischen Dichter. Die Polizeibehörde teilte den Eltern mit, dass Informationen über die Jugendlichen an das Jugendamt weitergeleitet würden und die Eltern für ihre unzureichende Wahrnehmung der elterlichen Pflichten bestraft werden könnten. Die Jugendlichen hatten große Angst, sind in einem Stresszustand und es ist nicht klar, welche Konsequenzen diese Inhaftierung haben wird. Vertreter von Strafverfolgungsbehörden riefen die Mädchen in der Schule an, erkundigten sich nach ihren Familien und forderten Charakterbeschreibungen der Kinder. Nach der Festnahme durften Timur und sein Vater nicht miteinander reden und durften lange Zeit nicht auf die Toilette. Während des Verhörs wurde der Junge eingeschüchtert; man hat ihm damit gedroht, dass er keinen Studienplatz bekommen würde. Am Montag wurde bekannt, dass über Timur ein polizeilischer Vermerk erstellt worden ist. Die Eltern glauben, dass die Polizei ihre Kinder illegal verhaftet hat, und überlegen sich, wie das Kindeswohl in einer solchen Situation geschützt werden könnte.

7 Jahre Straflager verschärften Regimes für politischen Gefangenen

Dzmitry Dubkou
Dsmitry Dubkou.
Source: Viasna Human Rights Center

Der 29-jährige Dsmitry Dubkou wurde beschuldigt, einen Lastwagen gestohlen, der Polizei mit Gewalt gedroht und an Massenunruhen teilgenommen zu haben. Heute verurteilte das Bezirksgericht des Minsker Stadtteils Sawezki Dsmitry zu sieben Jahren Gefängnis in einem Hochsicherheits-Straflager. In seinem Schlusswort sagte er dass dies ein einem Rechtsstaat nicht akzeptabel sei und dass er seit sechs Monaten eingesperrt sei. Er betonte, dass er das Auto nicht entführt oder gestohlen habe, sondern nur sich einverstanden erklärt habe, es umzuparken und dann die Schlüssel zurückzugeben. Es gab keine Verschwörung einer Gruppe von Personen. Er verglich die Realität in Belarus mit Orwells „Farm der Tiere“.

Das erste Urteil im „Fall Tichanowski“

Uladzimir Niaronski
Uladsimir Njaronskii.
Source: Radio Svaboda

Uladsimir Njaronski, Blogger und Inhaber des YouTube-Kanals „Sluzk zum Leben“, wurde zu drei Jahren Straflager allgemeinen Regimes verurteilt. Njaronski wurde im Mai 2020 festgenommen. Er hatte bereits mehrere Haftstrafen wegen Ordnungswidrigkeiten verbüßt. Im Juni wurde bekannt, dass ein Strafverfahren gegen ihn wegen Verschwörung mit Sergej Tichanowski, dem Autor des Blogs „Land zum Leben“, der im Frühjahr 2020 zur Präsidentschaftswahl kandidieren wollte, eröffnet worden war. Uladsimir Njaronski ist als politischer Gefangener und Prisoner of Conscience anerkannt worden. Dies ist das erste Urteil in der sogenannten „Fall Tichanowski“. Nach Angaben des Verhafteten, der seit mehr als 250 Tagen in Haft ist, erlitt er einen Schlaganfall. In den Zellen herrschten völlig unhygienische Bedingungen. Nach dem Urteil wandte sich der politische Gefangene an seine Tochter: „Schätzchen, sei ein kluges Mädchen! Ich liebe dich so sehr.“


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